Der kleinste Markt unter der Riesenpyramide (Sächsische Zeitung - Kamenz vom 26./27. NOV 2011

von Carolin Barth

Oberlichtenau ist das kleine Erzgebirge. Die Räuchermännchen lassen duftende Weihrauchwolken aufsteigen, die Engel haben sich auf ihrer Wolke zum großen Orchester formiert, zupfen auf der Harfe, blasen ins Horn, spielen auf der Geige. Fein geschnitzte Schwibbögen erhellen die Fenster, eine Eisenbahn rattert über die Schienen. Und vor dem Haus dreht die Riesenpyramide ihre Runden. Es weihnachtet im kleinen Erzgebirge, im und vor dem Elektro-Laden Röntzsch auf der Pulsnitztalstraße in Oberlichtenau. Chef Reiner Alischer und seine Familie sind eingefleischte Weihnachtsfans und laden unter ihrer großen Pyramide heute wieder auf den bestimmt kleinsten Weihnachtsmarkt Deutschlands ein. Inzwischen zum siebten Mal und wie immer vor dem ersten Advent.

Ideen aus dem Erzgebirge

Weihnachten ist bei Elektro-Röntzsch das ganze Jahr. „Wir bieten im Geschäft eine große Auswahl an echter erzgebirgischer Holzkunst“, sagt Reiner Alischer. Seit 1998 gehören Pyramiden, Schwibbögen und Engel neben Haartrocknern, Wasserkochern, Bügeleisen und Waschmaschinen zum Sortiment. „Wir suchten damals nach neuen Angeboten, um mehr Kunden ins Geschäft zu locken“, so Alischer. Mit dem Aufkommen der Baumärkte waren viele weggeblieben, die früher hier Werkzeuge gekauft hatten. Eine damalige Mitarbeiterin, die aus dem Erzgebirge stammte, hatte die Idee. „Und sie schlug ein wie eine Bombe“, erinnert sich Reiner Alischer. Mit den Jahren wuchs das Sortiment stetig an. Heute vertreibt das Geschäft Holzkunst von 35 Anbietern aus dem Erzgebirge, namenhafte und aufstrebende. Über Trends und Neuigkeiten auf dem Holzkunstmarkt informieren sich Reiner Alischer und seine Familie auf Messen, bestellt wird im Internet oder direkt vor Ort. Bei einer dieser Einkaufstouren im Gebirge, die immer auch gemeinsamer Ausflug ist, entdeckte Tochter Yvette eine mannshohe Pyramide. „Sie sagte, die gefällt mir, so eine bräuchten wir auch“, erzählt Papa Reiner Alischer. Im Weihnachtsland Erzgebirge sind mannshohe Pyramiden verbreitet, drehen sich in privaten Gärten oder auf Marktplätzen. „So war die Idee unserer Pyramide geboren.“

Drei Modelle wurden abfotografiert. Sie dienten dem einstigen Ladenchef Wilfried Röntzsch als Vorlage. Er wollte die Pyramide mit eigenen Händen bauen. „Im Januar 2005 habe ich mit der Arbeit begonnen“, sagt er. Sämtliche Teile bis auf die Figuren entstanden in seiner Werkstatt. Zuerst wurde der Sockel konstruiert. Als Antrieb dient ein kleiner Motor. Anschließend wurden vier Säulen errichtet. In ihrem Inneren sind die Leitungen für die Beleuchtung verlegt. Die darf natürlich gerade vor einem Elektro-Geschäft keinesfalls fehlen! Den Abschluss der Säulen bildet eine Kuppel, an der elf Flügel befestigt sind. Stattliche 4,60 Meter Höhe misst die Pyramide. Auf den drei beweglichen Drehtellern finden Figuren und ihre Geschichten Platz. „Wir haben eine Kurrende, eine Waldszene mit Jägern und Tieren und zeigen die Geburt Christi mit den Heiligen Drei Königen, Maria, Josef und dem Jesus-Kind“, so Röntzsch. Die Figuren entwarf der Oberlichtenauer Dieter Kunath. Er schnitzte und malte sie farbig an.

Als die Pyramide nach elf Monaten Bauzeit fertig war, galt es sie entsprechend zu platzieren. „Da kam uns die Idee mit dem Weihnachtsmarkt“, so Reiner Alischer. Schließlich lebt eine Pyramide vom Ambiente ringsum. Kurzerhand wurden drei Holzbuden aus Finnland geordert. Mitmacher wurden mit der Feuerwehr, dem Gärtnerei Bellmann und der Bäckerei Thieme gefunden. Sie sind bis heute dabei und verkaufen Roster vom Holzofengrill und Glühwein, weihnachtliche Gestecke sowie Stollen und Plätzchen. „Der erste Weihnachtsmarkt 2005 war ein voller Erfolg.“ Auch die siebente Auflage soll Gäste in Weihnachtsstimmung bringen. Diese herbeizuzaubern ist für das Röntzsch-Team Stress pur. Mit der Kraft mehrerer Männer und schwerer Technik wurden die Pyramide und die drei Buden aufgebaut. Die Lichterketten sind aufgehangen und die Büdchen geschmückt. Der fast fünf Meter hohe Weihnachtsbaum wurde aus einem Oberlichtenauer Garten aufs 200 Quadratmeter kleine Festgelände manövriert. 50 Kerzen leuchten darauf. „In diesem Jahr schmücken wir den Baum noch mit großen goldenen Kugeln“, so Reiner Alischer. Er und seine Familie werden erst zum Ausklang ihres Weihnachtsmarktes Zeit finden für Bratwurst und Glühwein. So besinnlich der Markt für Besucher ist, für Reiner Alischer ist es der stressigste Tag im Jahr. An keinem anderen Verkaufstag wandern so viele erzgebirgische Pyramiden und Räuchermännchen über den Ladentisch.



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